dont ask me why

Auf ihren Reisen durch Europa strandete Lena gleich mit der ersten Coronawelle an der Küste Berlins. Ein glücklicher Zufall. Nachts durchstreift sie die ruhig vor sich hin dämmernden Straßen. Neben ihrer handwerklichen Ausbildung war sie früher immer zu den freien Aktkursen gegangen. Zeichnen wurde damals zu ihrer Leidenschaft. Das Erforschen von Körpern, das feine Spiel des Lichts auf der Oberfläche, die Schaffung räumlicher Strukturen. Im Zuge der gleichen Welle war Berlin nun leer gefegt, die einzelnen Dinge frei gespült, lagen offen zutage. Die Schönheit dieser entblößten Objekte versanken nun nicht mehr im Lärm der Großstadt und ließen sich mit der neuen Digitalkamera wunderbar weiter herauslösen. Sie waren schön, des Alltags entledigt., standen frei und für sich selbst – so wie sie es aus den mannigfaltigen Kunstbüchern ihres Großvaters kannte, im gedachten Idealzustand.So wie sie früher als Zeichnerin im Kopf Störendes einfach ausblenden konnte, wurde es nun in der Nachbearbeitung bereinigt. Sie trieb es noch etwas weiter und bettet die Dinge behutsam in ein schwarzes Quadrat. Eine Fremde zieht durch die Stadt und legt ihre Sammlung feiner Beobachtungen auf den dunklen Samt ihrer Vitrine.

Tagree Magazine – May 2021